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Multifamilientherapie in Kliniken

In Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie und in kinderpsychosomatischen Kliniken werden Kinder und Jugendliche in der Regel im vollstationären oder tagesklinischen Setting und damit getrennt von ihren Eltern behandelt. Die Eltern werden regelhaft über Familiengespräche einbezogen, aber weniger häufig direkt und in einem größeren zeitlichen Ausmaß einbezogen.

Die Multifamilientherapie ist ein geeigneter Behandlungsbaustein einer multimodalen Behandlung, der die Eltern als Experten ihrer Kinder mehr in die Behandlung miteinbezieht und so die Bedeutung der Eltern für den Genesungsprozess hervorhebt. Die systemischen Zusammenhänge können dadurch besser erkannt werden und die Familie erhält damit eine bessere Möglichkeit, in der Behandlung für sie passende Veränderungswege zu entwickeln.

Bei der Multifamilientherapie handelt es sich um ein Gruppensetting mit mehreren Familien. Wie in anderen Gruppentherapien wird dabei genutzt, dass es meistens eine eingeengte Sichtweise für eigene Probleme gibt, aber eine hohe Sensitivität für die Probleme anderer vorhanden ist. Das Ziel in diesem Behandlungssetting ist, dass die Familien sich gegenseitig unterstützen und helfen, eigene passende Veränderungsmöglichkeiten zu sehen und umzusetzen. Die Hauptaufgabe der anleitenden Therapeuten ist es dabei eine Gruppenatmosphäre zu schaffen, in der dies möglich ist.

Ein Kern in dieser Behandlungsform ist, dass familienzentriert statt kindzentriert mit Partizipation der Kinder vorgegangen wird. Eine wichtige Hauptvoraussetzung ist, dass die Verantwortung konsequent bei den Eltern bleibt, und damit dem vorbestehenden traditionellen Helferverständnis widerspricht. Meist besteht eine Erwartungshaltung an die Experten, dass die elterliche Verantwortung für das Kind an Fachpersonen delegiert werden kann. Damit, dass diese Verantwortungsübernahme nicht erfolgt und die Betonung auf der Wichtigkeit der elterlichen Verantwortlichkeit liegt, erfahren die Eltern eine Aufwertung ihrer Rolle und Bedeutung für das Kind.

Die Grundhaltung der Multifamilientherapie ist ressourcenorientiert und lösungsfokussiert, und gegenüber den Familien akzeptierend, wertschätzend, wohlwollend und aufmerksam und dadurch wird eine Atmosphäre der Hoffnung und positiver Erwartungshaltung geschaffen. Vermieden werden soll in diesem Kontext Eltern oder Kinder aufgrund von Vorerfahrungen in Schubladen zu stecken

In der Multifamilientherapie wird mit einem Methoden- und Werkzeugkoffer mit sehr unterschiedlichen Übungen gearbeitet. Die Aufgabe der Familientherapeuten ist es, ein für die Gruppe passendes und interessantes Übungsschema aufzustellen. Wichtig ist dabei, dass immer wieder ein Wechsel von Aktivitäten, der Position im Raum und des Kontextes zu einem abwechslungsreichen Mix führen. Von großer Bedeutung ist dabei, dass sich alle in der Gruppe wohl und von den anderen angenommen fühlen.

 

Die Multifamilientherapie kann in offenen, halboffenen oder geschlossenen Gruppen durchgeführt werden. Geschlossene Gruppen bedeutet, dass mehrere Familien vom ersten bis zum letzten Mal zusammenbleiben, sich gut kennenlernen und sich dabei immer besser gegenseitig unterstützen können. Wichtig ist für die Zusammensetzung einer Multifamilientherapiegruppe, dass es Gemeinsamkeiten gibt. Eine Gemeinsamkeit kann sein, dass die Kinder im gleichen Entwicklungsalter sind, dass sie ähnliche Probleme haben oder dass sie wegen einer psychischen Erkrankung behandelt werden müssen.

Im klinischen Kontext gibt es auch störungsspezifische Multifamilientherapieansätze, z. B. dass diese bei Patienten mit einer Essstörung durchgeführt wird oder bei Patienten mit einer Suchterkrankung, einer Autismusspektrumstörung oder einer Geschlechtsdysphorie. Diese störungsspezifischen Gruppen haben den Vorteil, dass die Familien einander sehr gut verstehen können, sich Tipps geben können und für das Problem für sich und andere zu Experten werden.

Auch für die Kliniken entstehen durch die Umsetzung von Multifamilientherapie zusätzliche Vorteile. Da Multifamilientherapie in multiprofessionellen Teams durchgeführt werden kann, dient es der Teamidentifikation und -stärkung. Die Behandlungsqualität in der Elternarbeit steigt und es ist von großem Nutzen, dass Multifamilientherapie den Patienten, Eltern und Mitarbeitern Spaß macht und verbindet und so die Zusammenarbeit fördert.